Begründung des Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer
Ich möchte gemäß Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes nach reiflicher Überlegung den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern. Die Gründe für meine Entscheidung möchte ich hier genauer erläutern. Ich habe mich freiwillig zur Bundeswehr gemeldet, da ich eine Laufbahn als Offizier einschlagen wollte. Zu diesem Zeitpunkt stand ich dem Krieg noch eher unkritisch gegenüber. Zu meiner Verpflich- tung haben die vielen humanitären Maß- nahmen der Bundeswehr geführt, welche ich auch unterstützen wollte. Erst im Zusammen- hang mit meinem Dienst in der Instandsetzung, dachte ich über verschiedene Fragen nach, die ich bis dahin verdrängt oder gar nicht wahrgenommen habe. Zum erstenmal in meinem Leben musste ich einen Krieg direkt unterstützen. Wenn es auch nur war, um Fahrzeuge für das Kosovo zu reparieren, so unterstützte ich doch einen Krieg. Vorher habe ich mich immer damit beruhig, dass es für einen guten Zweck ist, außerdem ist es von unserem politischen System gerechtfertigt. Durch die Diskussion, ob denn der Krieg um Kosovo und die Teilnahme deutscher Soldaten daran überhaupt durch unser politisches System gerechtfertigt werden kann, habe ich erkannt, dass mir niemand die Verantwortung für mein Handeln abnehmen kann, keine Organisation wie die Bundeswehr und auch kein politisches System. Für mein Handeln bin ich ganz alleine Verantwortlich und ich muss es vor meinem Gewissen verantworten. Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren anderen Menschen Leid zuzufügen, oder gar einen Menschen zu töten. Erst jetzt habe ich erkannt, dass Krieg einen Eigendynamik hat und von niemandem als Mittel genutzt werden kann und darf. Denn es ist nicht möglich Böses mit Bösem zu bekämpfen. Aus meiner Erfahrung weiß ich, das Gewalt immer nur noch mehr Gewalt erzeugt. Auch führt Gewalt nie zu einer Lösung des Konfliktes in Form eines Kompromisses oder Einsicht, sondern immer nur zu noch mehr Aggression. Auf Grund dieser Erkenntnis sehe ich keinen Sinn
in kriegerischen Handlungen, denn in einem Krieg gibt es keinen Sieger, sondern nur Verlierer. Jede gewaltsame Auseinander- setzung hat Leid und Opfer auf beiden Seiten zur Folge. Dies kann man auch im Kosovo Konflikt sehr deutlich erkennen. Als die NATO mit ihren Angriffen begann, hat Milosevic die Zivilbevölkerung nur noch mit mehr Nachdruck vertrieben. Nach meiner Erfahrung können Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen, als auch einzelnen Personen, am ehesten durch Aufrichtigkeit, Verständnis, Ehrlichkeit und vor allen durch genaues Darlegen des eigenen Standpunktes und akzeptieren auch anderer Meinungen und daraus resultierenden Kompromissen gelöst werden. Noch immer bin ich der Meinung wir können nicht zusehen wie die Menschenrechte mit Füssen getreten werden, aber das rechtfertigt nie einen Krieg. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Zu dieser Erkenntnis kam ich, als ich über einen Satz von Rushdie nachdachte: „Kein Krieg kann auf nette Weise geführt werden.“ Erst zu diesem Zeitpunkt begriff ich, dass auch wir in einem Krieg töten. Dafür gibt es keine Rechtfertigung für mich, auch wenn die Gesellschaft es duldet, oder noch viel schlimmer sogar erlaubt, so ist und bleibt es töten. Für mich stellt sich Gewalt als etwas Schlechtes dar. Mein Gewissen verbietet es mir Gewalt gegenüber anderen anzuwenden. Das Leben ist für mich das wichtigste Gut auf der Welt und ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass der Dienst in der Bundeswehr der falsche Weg ist, dieses zu schützen. Dauerhaft kann Frieden nur durch gewaltfreie Verständigung zustande kommen. Ich könnte niemals einen anderen Menschen töten, da für ihn das Leben genauso wertvoll ist wie für mich. Ich kann es nicht mehr verantworten weiterhin Kriegsdienst zu leisten, da ich erkannt habe, dass ich als Soldat gezwungen werde Dinge zu tun, die für mich unmoralisch und verwerflich sind. Ich möchte mithelfen Kriege zu verhindern und nicht Kriege zu führen.
Achtung!
Diese Begründung wurde von mir in dieser Form dem Ausschuss für Kriegsdienstverweigerung vorgelegt. Sie dient nur zur Information und darf auf keinen Fall wörtlich übernommen werden, da die Verweigerung sonst aus formellen Gründen abgelehnt wird. Die Begründung muss persönlich verfasst werden